Zu Freuds „Eine Kindheitserinnerung
aus Dichtung und Wahrheit"

Rolf Tiedemann

Goethe berichtet zu Anfang in „Dichtung und Wahrheit" über Zerstören von Puppen und Küchengeschirr. Freud äußerte den Verdacht, daß Goethe dieses zum Zeitpunkt einer Schwangerschaft oder Niederkunft seiner Mutter getan haben könnte und damit seiner Wut über die Schwangerschaft der Mutter und die Geburt eines Geschwisterchens Ausdruck gab. Freud meinte, daß Goethe zu der Zeit entweder drei oder fünf Jahre alt war, wobei er dem Alter von drei Jahren den Vorzug gab (Freud, 1917). Es finden sich in der „Hexenküche" des Faust I neben Beschreibungen, die sehr an das in „Dichtung und Wahrheit" geschilder­te Zerbrechen des Geschirrs denken lassen, noch weitere Anhaltspunkte, die die oben erwähnte Interpretation Freuds zusätzlich sehr wahrscheinlich klingen lassen.

In „Dichtung und Wahrheit" erzählt Goethe, daß seine Eltern auf dem „Topfmarkt" für die Küche und auch den Kindern „dergleichen Geschirr im Kleinen" gekauft hätten. Er nennt Schüssel, Töpfe, Tiegel, Kannen, irdene Teller, Töpferware und erwähnt, daß er später Teller, wie er sie gerade „auf dem Topfbrett" und anschließend alles, was er von „Geschirr" erreichen konnte, ins „Verderben" stürzte (S. 11 und 12).

In der „Hexenküche" ist u. a. die Rede vom „Sieb", „Topf", „Kessel", „Glas" (2419, 2424, 2425, 2405), von „Ton" und „Scherben" (2414, 2415). Entsprechend Goethes Beschreibung „auf dem Topfbrett" wäre in der „Hexenküche" der Hausrat ebenfalls erhöht angeordnet: in der Regieanweisung zu Beginn der Szene heißt es, „Wände und Decke sind

mit .....-hausrat ausgeschmückt". Mephisto schlägt später unter die

Gläser und Töpfe zur Hausherrin, der Hexe, rufend: „Entzwei! Ent-

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